6 typische Fehler beim Value-Selling

6 typische Fehler beim Value-Selling

6 typische Fehler beim Value Selling von IT- und SaaS-Unternehmen im DACH-Raum

Value Selling – also das Verkaufen über nachweislichen Kundennutzen statt über reine Produktmerkmale – gilt als Schlüsselstrategie im B2B-Vertrieb. Dennoch schleichen sich bei IT- und SaaS-Unternehmen im deutschsprachigen Raum immer wieder ähnliche Fehler ein, die den Value-Selling-Ansatz untergraben.

Im Folgenden beleuchten wir sechs typische Fehler, erklären ihre Ursachen und zeigen die Konsequenzen auf. Wo sinnvoll, werfen wir auch einen Blick auf Erfahrungen und Studien aus den USA, wo oft bereits weiterentwickelte Ansätze erkennbar sind. Diese strukturierte Übersicht lässt sich leicht von Problem/Herausforderung über Praxisbeispiele bis hin zu Lösungsansätzen weiterverarbeiten.

Fehler 1: Fehlende Kundenzentrierung auf der Website

Problem: Viele B2B-Tech-Firmen präsentieren sich online vor allem mit selbstbezogenen Botschaften („Wir sind die Experten“, „30 Jahre Erfahrung“). Die Website ist eher ein Schaufenster eigener Leistungen als eine Lösung für Kundenprobleme. Kundennutzen und konkrete Pain Points der Zielgruppe treten in den Hintergrund. Besucher finden sich nicht wieder – sie lesen viel über das Unternehmen, aber wenig darüber, wie ihre eigenen Herausforderungen gelöst werden.

Warum passiert das? In DACH-Unternehmen herrscht oft der Glaube, dass man durch Hervorheben der eigenen Expertise und Historie Vertrauen schafft. Referenzen und Zertifikate stehen im Vordergrund der Website. Der Trend zu echter Kundenzentrierung ist hierzulande noch relativ jung. In den USA dagegen legen moderne B2B-Marketer den Fokus konsequent auf den Kunden: Jede Botschaft wird darauf getrimmt, die Bedürfnisse des Kunden anzusprechen und Mehrwert zu vermitteln (responsory.com).

Daten zeigen auch klar den Nutzen von Kundenzentrierung: Unternehmen mit sehr ausgeprägter Kundenfokussierung wachsen im Schnitt 2,5-mal schneller als solche mit gering ausgeprägter Kundenzentrierung. Eine Deloitte-Studie fand sogar heraus, dass customer-centric Unternehmen 60 % profitabler sind als weniger kundenfokussierte Firmen (deloittedigital.com).

Folgen: Die fehlende Kundenzentrierung führt dazu, dass potenzielle Kunden die Website frühzeitig verlassen. Sie fühlen sich nicht abgeholt, da ihre drängendsten Fragen unbeantwortet bleiben.

Gerade weil über 70 % der B2B-Käufer ihren Bedarf definieren, bevor sie mit einem Vertriebler sprechen (inddist.com), ist die Website oft der erste und entscheidende Touchpoint. Geht es dort nur um „unsere Firma“ statt um die Problemlösung des Kunden, bleiben Leads aus. Das Unternehmen vergibt Chancen auf neue Kunden und Wachstum – letztlich ein Umsatzrisiko, da Kunden eher dort anklopfen, wo sie sich verstanden fühlen.

Fehler 2: Produktzentrierter Vertrieb statt echter Bedarfsanalyse

Problem: Im Vertriebsgespräch dominieren technische Produkt-Features und Demo-Pitches, während die eigentlichen Bedürfnisse des Kunden zu kurz kommen. Vertriebsteams bombardieren Interessenten mit Funktionen, anstatt zuerst zuzuhören und Fragen zu stellen. Es fehlt die Bedarfsanalyse: Was will der Kunde wirklich erreichen? Welches Problem soll gelöst werden?

Warum passiert das? Oft liegt es an der Begeisterung für das eigene Produkt und dem Druck, schnell Deals zu schließen. Verkäufer wurden lange darauf trainiert, Features und Vorteile herunterzubeten, in der Hoffnung, der Kunde pickt sich schon etwas Relevantes heraus.

Vielen fehlt ein Value-Selling-Mindset oder Training für consultative selling. In den USA haben sich moderne Vertriebsmethoden wie Solution Selling oder der Challenger Sale bereits stärker etabliert, die den Fokus klar auf Kundenziele legen.

Studien belegen, dass Käufer diese Herangehensweise einfordern: 88 % der B2B-Kunden kaufen nur, wenn der Verkäufer als vertrauensvoller Berater agiert – niemand will es mit einem selbstzentrierten, provisionsgetriebenen Verkäufer zu tun haben (drip.com). Der klassische Produkt-Pitch stößt also zunehmend auf Ablehnung.

Folgen: Der Dialog bleibt oberflächlich – der Kunde fühlt sich nicht verstanden. Tatsächlich gaben fast 70 % der B2B-Käufer an, dass ihre geschäftlichen Bedürfnisse im ersten Gespräch nicht adressiert wurden (saleslion.io).

Das resultiert in verpassten Abschlüssen: Der Kunde hat keinen Grund, dem Anbieter zu vertrauen, und zweifelt, ob die Lösung wirklich passt. Außerdem werden häufig falsche Kunden gewonnen, weil man deren eigentlichen Bedarf nie sauber validiert hat. Das kann später zu Unzufriedenheit und Churn führen. Kurzum: Produktzentrierung ohne Bedarfsermittlung verschwendet Zeit auf die falschen Themen – und der Kunde wandert womöglich zum Wettbewerber ab, der zuerst zuhört und gezielt Lösungen vorschlägt.

Fehler 3: Angebote als Funktionsliste statt Wertversprechen

Problem: Viele Angebote und Sales-Präsentationen sind nicht mehr als eine Auflistung von Leistungen und Preisen. Das sogenannte Value Proposition fehlt – es wird nicht klar, welchen konkreten Mehrwert der Kunde aus der Lösung zieht. Statt greifbarer Nutzenversprechen („damit sparen Sie 30 % Zeit ein“) liest der Kunde seitenlange Feature-Listen, technische Spezifikationen und einen Pauschalpreis. Der Kunde muss selbst erraten, warum diese Merkmale für ihn wichtig sein sollen.

Warum passiert das? Dieser Fehler rührt oft daher, dass Unternehmen annehmen, ihre Produktfeatures sprächen für sich. Nach dem Motto: „Der Kunde wird den Wert schon erkennen, wir haben ihm ja alle Funktionen gezeigt.“

Doch das ist ein Trugschluss. Wie Marketing-Experten treffend anmerken: „Produktmarketer verwechseln Erklärung mit Überzeugung“ – sie starten mit Features, als ob deren Nutzen selbsterklärend wäre.

Der Haken: Käufer messen isolierten Features keinen Wert bei. Sie verbinden Funktionen immer mit Ergebnissen, die ihnen wichtig sind. Ohne Kontext bleibt jede Feature-Liste wirkungslos.

In vielen SaaS-Pitches sieht man daher dieselbe Formel: eine Karussell-Parade von Funktionen (Echtzeit-Dashboard hier, KI-Alert dort, etc.), was schließlich nur noch als „bedeutungsloses Rauschen“ wahrgenommen wird. In den USA setzt man vermehrt auf ROI-Rechner und Business Cases, um Zahlen zum Nutzen zu liefern, anstatt den Kunden mit ungedeuteten technischen Details alleine zu lassen.

Folgen: Ein Angebot, das nur Leistungen aufzählt, überlässt dem Kunden die Übersetzungsarbeit: Er muss selbst überlegen, was ihm die ganzen Funktionen bringen. Viele werden das nicht tun – der Effekt: Feature-Fatigue. Studien zeigen, dass Feature-First-Marketing den Käufer überfordert und leicht zur falschen Entscheidung treibt, nämlich zu dem Anbieter, der am „sichersten“ wirkt.

Fehlt das klare Wertversprechen, entscheidet der Kunde sich im Zweifel für den Wettbewerber mit der klareren Story (martech.org). Im schlimmsten Fall wird man mit einer solchen Angebotspräsentation als austauschbarer „Feature-Anbieter“ abgestempelt. Die eigene Lösung degradiert zum Commodity-Produkt, bei dem letztlich nur der Preis als Unterscheidung bleibt – eine gefährliche Spirale (siehe Fehler 6).

Fehler 4: Fehlender Praxisbezug und geringe Differenzierung

Problem: Im Verkaufsprozess fehlen konkrete Praxisbeispiele, Erfolgsstorys und branchenspezifische Referenzen, die dem Kunden den Einsatz der Lösung im echten Leben vor Augen führen. Gleichzeitig gelingt es dem Anbieter nicht, sein Angebot klar vom Wettbewerb abzugrenzen – alles klingt ähnlich wie bei den Mitbewerbern.

Die Kommunikation bleibt im allgemeinen („wir steigern Ihre Effizienz“) und zeigt keine einzigartige Positionierung oder greifbare Kundenergebnisse.

Warum passiert das? Vielen Unternehmen im DACH-Raum fehlen aussagekräftige Case Studies oder sie setzen diese nicht aktiv im Vertrieb ein. Man verlässt sich stattdessen auf generische Versprechen. Oft besteht Unsicherheit, worin der eigene USP besteht, sodass Marketing und Vertrieb auf Allerwelts-Argumente zurückgreifen.

Die Folge: Aus Kundensicht verschwimmen die Anbieter im „Meer der Gleichartigkeit“. Tatsächlich nehmen über zwei Drittel (68 %) der B2B-Käufer kaum Unterschiede zwischen den Angeboten verschiedener Anbieter wahr.

In den USA wird diesem Problem bereits offensiv begegnet – etwa durch Fokussierung auf eng definierte Zielnischen und Schmerzpunkte in der Ansprache, um anders zu sein. Zudem sind dort Kundenreferenzen ein fester Bestandteil: Laut Content-Marketing-Studien gehören Case Studies für 73 % der B2B-Käufer zu den einflussreichsten Inhalten bei Kaufentscheidungen. Mit anderen Worten: Wer keine belastbaren Praxisbeispiele vorweisen kann, verspielt Vertrauen.

Folgen: Ohne Praxisbezug bleibt das Angebot abstrakt. Der Kunde kann nur schwer einschätzen, welchen Erfolg er konkret zu erwarten hat – emotionaler Funke und Aha-Effekt bleiben aus.

Die fehlende Differenzierung führt dazu, dass der Preis als Entscheidungsfaktor an Gewicht gewinnt (denn wenn alle ähnlich klingen, nimmt man den günstigsten). Das setzt die Margen unter Druck. Außerdem wird es schwieriger, überhaupt ins Gespräch zu kommen: Wenn der Kunde keinen Unterschied sieht, reagiert er gar nicht erst auf Akquise-Bemühungen oder stuft das Angebot als austauschbar ein. Kurzfristig gehen Deals an Wettbewerber verloren, langfristig leidet die Markenpositionierung.

Das Unternehmen wird zum „noch ein Anbieter“ statt zum bevorzugten Partner mit klarem Profil.

Fehler 5: Mangelhafte Zusammenarbeit zwischen Vertrieb und Marketing

Problem: Vertrieb und Marketing arbeiten in Silos, statt an einem Strang. Es gibt kein gemeinsames Verständnis von Zielkunden, Kernbotschaften und Lead-Prozessen. Marketing generiert zwar Leads, doch der Vertrieb hält sie für „unqualifiziert“. Umgekehrt ignoriert der Vertrieb bereitgestellte Marketinginhalte, weil sie angeblich nicht passen.

Diese Kluft führt zu ineffizientem Vorgehen – potenzielle Kunden bekommen widersprüchliche Botschaften oder gehen im Übergabeprozess verloren.

Warum passiert das? Traditionell wurden Marketing (für Awareness und Leadgen) und Vertrieb (für Abschluss) als getrennte Einheiten gesehen, oft mit unterschiedlichen KPIs. Ohne klare Abstimmung und gemeinsame Ziele entsteht leicht ein Fingerpointing: Jede Seite glaubt, die andere liefere nicht optimal.

Im DACH-Raum ist diese Trennung noch verbreitet; Begriffe wie Smarketing oder Revenue Operations – also die enge Integration beider Teams – setzen sich erst langsam durch. In den USA zeigen Best Practices, wie eng verzahnte Teams bessere Ergebnisse erzielen.

Studien untermauern das eindrucksvoll: Laut Harvard Business Review kostet mangelhafte Vertriebs-Marketing-Alignment Unternehmen weltweit schätzungsweise 1 Billion US-Dollar pro Jahr.

Demgegenüber wachsen Firmen mit stark abgestimmten Vertriebs- und Marketingteams 19 % schneller und erzielen 15 % höhere Profitabilität. Die Erkenntnis: Alignment ist kein „nice to have“, sondern geschäftskritisch.

Folgen: Die fehlende Abstimmung wirkt sich direkt auf Umsatz und Effizienz aus. Leads versanden, weil Nachfassaktionen unklar sind. Marketing investiert in Kampagnen, deren Botschaften der Vertrieb nicht aufgreift – ein Bruch in der Customer Journey, den der Kunde spürt. Worst Case: Vertrieb und Marketing vermitteln dem Markt unterschiedliche Wertversprechen. Das Ergebnis sind verwirrte oder vergraulte Interessenten, niedrige Conversion Rates und verschenktes Budget.

Intern leiden zudem Moral und Kultur – Teams arbeiten gegeneinander statt miteinander. Insgesamt bremst diese Misalignment das Wachstum enorm, wie die genannten Zahlen zeigen. Unternehmen lassen signifikantes Potenzial liegen, solange Marketing und Vertrieb nicht an einem Strang ziehen.

Fehler 6: Fokus auf den Preis statt auf den Mehrwert

Problem: Einige Anbieter versuchen, Deals vor allem über niedrige Preise oder Rabatte zu gewinnen, anstatt den Mehrwert in den Vordergrund zu stellen. Sobald ein Kunde zögert, wird reflexartig am Preis geschraubt – die berühmte „Geiz ist geil“-Strategie.

Das eigentliche Value Selling bleibt auf der Strecke, wenn im Verkaufsgespräch fast nur über Kosten statt Nutzen diskutiert wird. Der Preis wird zum Hauptargument, mangels anderer Differenzierung (siehe Fehler 4).

Warum passiert das? Gerade im wettbewerbsintensiven SaaS-Umfeld herrscht oft Preisdruck. Viele Vertriebler glauben, den Abschluss nur über einen attraktiven Preis erzielen zu können – vor allem, wenn der wahrgenommene Unterschied zum Wettbewerber gering ist.

Doch diese Denke ist kurzsichtig. In reiferen Märkten wie den USA haben Unternehmen erkannt, dass dauerhafte Unterbietungs-Strategien nicht nachhaltig sind. „Unter dem Wert verkaufen“ ist laut Experten einer der fatalen B2B-Sales-Fehler.

Klar ist: Preis ist wichtig, aber wenn er das einzige Verkaufsargument bleibt, werden nur wenige Deals geschlossen. Außerdem zieht man damit die falschen Kunden an. Oder wie es drastisch heißt: Wer ständig nachgibt, signalisiert geringere Qualität und lockt Schnäppchenjäger statt Wert-Sucher an.

Folgen: Ein Price-Only-Ansatz kann zwar kurzfristig ein paar Abschlüsse bringen, schadet aber langfristig dem Geschäft. Die Margen erodieren – man gewöhnt Kunden an Rabatte und senkt den perceived value des eigenen Produkts.

Kunden, die nur wegen des günstigsten Preises gekauft haben, zeigen oft wenig Loyalität und wechseln beim nächsten besseren Angebot zur Konkurrenz. Zudem baut man keine belastbare Value Story auf: Der Kunde erinnert sich nur an den Discount, nicht an den Nutzen. Intern kann ständiges Nachlassen beim Preis auch demotivierend wirken: Vertriebsteams sehen ihre Leistung entwertet.

Unterm Strich begibt man sich in eine gefährliche Abhängigkeit vom Preiskampf. Das widerspricht fundamental dem Value Selling, dessen Ziel es ist, über Wert zu verkaufen statt über den billigsten Preis.

Fazit zum Value-Selling-Ansatz

Im DACH-Raum kämpfen viele IT- und SaaS-Anbieter noch mit der Transformation hin zu echtem Value Selling. Die genannten Fehler – von fehlender Kundenzentrierung über Produktfixierung bis hin zu Silodenken und Preisfokus – treten häufig gemeinsam auf und verstärken sich gegenseitig.

Die Konsequenzen sind verspielte Verkaufschancen, unzufriedene Kunden und gebremstes Wachstum. Dabei zeigen erfolgreiche Ansätze (teils aus den USA) klar, wohin die Reise gehen muss: Kundennutzen in den Mittelpunkt stellen, differenzierte und praxisnahe Geschichten erzählen, Marketing und Vertrieb an einem Strang ausrichten – und so Vertrauen aufbauen.

Jede Herausforderung birgt auch eine Lösung: Durch Kundenperspektive, Bedarfsermittlung, klare Wertversprechen, Referenzstories, Teamwork und Wertkommunikation können B2B-Unternehmen ihren Vertrieb transformieren.

Das Ergebnis sind Win-Win-Situationen: Kunden verstehen den echten Mehrwert einer Lösung – und Anbieter schließen nachhaltiger und profitabler ihre Deals ab.

 


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Dirk Krause, Inhaber uniqueS NEXT